Lisa Alzner, die Cheftrainerin der Athletikerinnen, blickt gemeinsam mit uns auf ihre erste Saisonhälfte als LASK-Trainerin zurück. Im Gespräch gibt sie Einblick in ihren Matchday-Ablauf, spricht über ihre Eindrücke in der Meisterschaft und warum der LASK im Frauenfußball einiges richtig macht.
Die Herbstsaison liegt schon ein paar Wochen zurück und du befindest dich in deiner wohlverdienten Fußballpause. Konntest du die Saison schon Revue passieren lassen?
Ja, auf jeden Fall. Rückblickend muss ich sagen, dass die Mannschaft eine unglaublich positive Entwicklung durchlebt, sowohl sozial als auch sportlich. Man hat gesehen, dass wir von Woche zu Woche mehr in unser Spiel reingekommen sind. Das ist bemerkenswert, da wir nach nur sechs Testspielen im Sommer mit einer Mannschaft, die vorher noch nie so zusammengespielt hat, in die Meisterschaft gestartet sind. Das war schon eine sehr kurze Zeit, in der wir natürlich alles Mögliche ausgeschöpft haben. Dennoch ist das auch als Trainerin eine sehr ungewöhnliche Situation, dass man einen komplett bunten Haufen in sechs Wochen vorbereitet. Zu Saisonbeginn war dann spürbar, dass wir immer schneller Fortschritte gemacht haben und das Team auch neben dem Platz immer mehr zusammengewachsen ist. Die Spielerinnen haben nach und nach ihre Rollen im Team gefunden und Verantwortung übernommen. Das hat man dann auch in den sehr positiven Ergebnissen gesehen.
Zusammengefasst: Die ersten Runden waren noch sehr schwierig und wir haben einige Spiele gebraucht, um so richtig durchzustarten. Die beste Leistung der Herbstsaison haben wir dann ganz sicher im Spiel gegen die SPG Antiesenhofen/Weilbach in der sechsten Runde (9:0, Anm.) gezeigt.
Welches Spiel ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?
Das Rückspiel gegen die SPG Steyr in der neunten Runde. Durch die Ergebnisse beider Teams hat sich im Vorfeld ein unglaublicher Druck in Richtung dieses Spiels aufgebaut, der sowohl bei den Spielerinnen als auch im Trainerteam spürbar war. Wir waren bis zu diesem Spieltag ständig punktegleich mit Steyr und so wurde uns von Woche zu Woche mehr bewusst, dass wir immer zu hundert Prozent da sein müssen. Wir konnten uns keinen Ausrutscher erlauben, weil uns Steyr sonst überholt hätte. Es hat sich alles auf dieses eine Spiel zugespitzt, das hatte schon Endspiel-Charakter.
Dazu kam, dass wir in dieser Phase der Meisterschaft einige verletzungsbedingte Ausfälle hatten, wodurch wir viele Überlegungen hinsichtlich der endgültigen Aufstellung anstellen mussten. Das Spiel an sich war dann voller unvorhersehbarer Entwicklungen: Es ist lange 0:0 gestanden, dann hat sich Jana Kofler verletzt – umso größer war dann die Erleichterung als wir nach 77 Minuten endlich das 1:0 erzielt haben und letztendlich noch mit 4:0 gewonnen haben.
Während es im Rückspiel also einen deutlichen Sieg gegen Steyr gab, endete das erste Heimspiel der Saison gegen die SPG 0:0. Nach dem Spiel hast du gesagt, dass euch vor allem im letzten Drittel die Entschlossenheit gefehlt hat. Wo lagen die Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Spiel?
Ich glaube, dass diese zwei Spiele schwer zu vergleichen sind. Beim ersten Duell haben wir noch nicht genau gewusst, wie Steyr spielen wird und was uns erwartet. In der LT1 OÖ Liga ist die Stärke der Teams zu Saisonbeginn schwer einzuschätzen. Weil die letzten beiden Saisons abgebrochen werden mussten, war die Unsicherheit vor dieser Saison noch größer. Wir waren uns also der Bedeutung dieser Begegnung im Sommer noch nicht so bewusst, das war im Herbst dann anders. Der krankheitsbedingte Ausfall von Lisa Feilmayr und die frühe Verletzung von Madlene Kerschbaummayr waren sicher ein Mitgrund, warum wir nicht in die Gänge gekommen sind. Im Laufe des Spiels ist es uns nicht gelungen, die fehlende Spannung wieder aufzubauen. Steyr wurde mit jeder Minute stärker, während wir immer mehr mit dem 0:0 zu hadern hatten und unsere Chancen nicht nutzen konnten. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir als Team an diesem Spiel gewachsen sind und dieses Ergebnis extrem wichtig für unsere weitere Entwicklung war.
Also ist die Saison für dich zufriedenstellend verlaufen?
Ja, auf jeden Fall. Die Ergebnisse sprechen für sich. Trotzdem bin ich jemand – und dass wissen auch meine Spielerinnen – die nicht nur auf das Ergebnis schaut, sondern vor allem auf die Entwicklung der Spielerinnen und die Leistung, die am Feld geboten wird. Mir ist es wichtig, dass Dinge auch umgesetzt werden. Ich lasse mich nicht von einem hohen Sieg blenden, sondern schaue darauf, was gut war und woran wir noch arbeiten müssen. Aber trotzdem muss ich sagen, dass sich sowohl die Mannschaft als Ganzes als auch die einzelnen Spielerinnen sehr gut weiterentwickelt haben.
Stichwort individuelle Entwicklungen: Welche Spielerin hat dich am meisten überrascht?
Da muss ich Lea Pilgerstorfer herausheben, die bis jetzt noch nie höher als in der LT1 OÖ Liga gespielt hat. Sie ist im Sommer zu uns gekommen und war leistungstechnisch noch nicht im Spitzenfeld des Kaders, das wusste sie auch. Es fehlte hier und da noch der Feinschliff. Aber sie hat sehr hart an sich gearbeitet: Sie steht quasi an allen Trainingstagen am Platz, will alles umsetzen und ihr ist bewusst, dass sie kämpfen muss, wenn sie spielen will. In den Tests vor der Saison und zu Saisonbeginn war sie dann zumeist noch auf der Bank, musste dann aber in der zweiten Runde bereits nach zehn Minuten aufs Feld, um Madlene Kerschbaummayr zu ersetzen. Diesen Sprung ins kalte Wasser hat sie souverän absolviert. In den kommenden Partien hat sie ihre Chance gesehen und genutzt. Sie ist für mich zu einer Konstante geworden, fast nicht mehr aus der Außenverteidigung wegzudenken und spielt diese Position einfach unglaublich gut.
Woran müsst ihr noch arbeiten?
Unser Ziel ist es weiterhin zusammenzuwachsen, unsere Abläufe zu automatisieren und flexibler auf Spielsituationen und den Gegner reagieren zu können. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir die Spannung über die ganze Saison hinweg aufrechterhalten können. Das ist in Anbetracht des auseinanderklaffenden Niveaus in der Liga – mit zwei bis drei Teams, gegen die wir besonders wachsam sein müssen und Mannschaften, gegen die wir uns offensichtlich leichter tun – oft schwer. Es wird im Frühling entscheidend sein, dass wir in jedem Spiel – unabhängig vom Gegner – unserem Plan und unserer Philosophie treu bleiben.
Der Plan war, dass ihr noch bis Ende November trainiert, der Lockdown kam euch dazwischen: Was heißt das für euch? Heimtraining?
Wir haben nach dem letzten Cup-Spiel noch eine Woche weitertrainieren können, demnach sind uns zum Glück nur eineinhalb Wochen durch den Lockdown weggefallen, auch wenn es mir anders lieber gewesen wäre. Nach einer kurzen Pause starten die Spielerinnen mit einem sehr umfangreichen Heimprogramm, dass bis zum Trainingsstart Mitte Jänner dauert.
Wie schaut der Plan für die Vorbereitung aus? Welche Spiele sind geplant?
Gerade in der Vorbereitung können wir sehr viel Wert auf konditionelle Aspekte legen. Auf uns warten sehr interessante Testspiel-Gegner aus der ersten und zweiten Bundesliga. Dort wollen wir langfristig ja auch hinkommen. Von der Anzahl her werden es sieben oder mehr Testspiele sein, also eine ganze Menge. Somit hat jede Spielerin – auch jene, die im Herbst weniger zum Zug gekommen sind – die Chance, sich zu zeigen. Das Ziel ist, unseren Plan konsequent umzusetzen, unserer Philosophie treu bleiben und uns bestmöglich auf das Cupspiel gegen Steyr sowie den Meisterschaftsstart Ende März hinzuarbeiten.
Wie gehst du mit dem Druck um, schon mit 22 Jahren Cheftrainerin beim LASK zu sein?
Ich versuche den Druck so gut wie möglich auszublenden und meinen Fokus auf die fachlichen Aufgaben zu legen. Zum Glück habe ich ein tolles Umfeld und viele Leute, mit denen ich darüber reden kann. Mit David Stemmer habe ich einen engen Vertrauten im Trainerteam, mit dem ich mich oft austausche. Wir treffen viele Entscheidungen als Team. Auch privat habe ich Freunde, die teilweise auch Trainer sind und mit denen ich Dinge aussprechen kann, die mir am Herzen liegen. Trotzdem versuche ich mich auf das Fachliche zu konzentrieren, den Medientrubel auszublenden und viel mit der Mannschaft zu arbeiten. Ich sage auch der Mannschaft ganz klar, dass nicht nur ich den Druck habe, sondern wir alle. Das war auch vor dem zweiten Spiel in Steyr so. Das Team hat den Druck genauso gespürt wie ich und sie haben gewusst, dass wir das gemeinsam schaffen werden. Ich glaube, dass man dadurch einfach stärker wird.
Wie würdest du dich als Trainerin beschreiben?
Ich bin sehr akribisch, sehr genau in meinem Arbeiten und lege viel Wert auf Details. Ich bin eine sehr fleißige Person und setze das auch bei anderen voraus. Das kann manchmal auch nervig sein, glaube ich. Ich neige dazu, trotz hoher Siege pingelig zu sein und meinen Spielerinnen zu erklären, dass ich trotzdem nicht zufrieden bin, weil mir irgendwas nicht gepasst hat. Planung und Organisation zählen sicher zu meinen Stärken. Hin und wieder muss ich aber noch ruhiger werden und weniger Emotionen zeigen. Daran muss ich sicher noch arbeiten. Ich glaube auch, dass man fachlich nie auslernt. Mit nur 22 Jahren gibt es noch ein unglaublich viele Dinge, die ich lernen kann.
Worauf legst du bei deinen Spielerinnen wert?
Mir ist die Einstellung extrem wichtig. Ich muss bei einer Spielerin unbedingten Willen sehen. Das ist mir viel wichtiger als die aktuelle Form einer Spielerin, weil ich davon überzeugt bin, dass ein Spiel gar nicht schlecht laufen kann, wenn die Spielerin sich voll reinhängt und alles gibt. Mir ist also wichtig, dass die Spielerinnen mit dem Kopf dabei sind und sich ihrer Rolle bewusst sind. Sie müssen wissen, was es heißt für einen großen Verein zu spielen: Das bedeutet sowohl Ehre als auch Verantwortung. Dieses professionelle Denken, das vom gesamten Verein vorgelebt wird, müssen die Spielerinnen auch mittragen. Im Spiel verlange ich von jeder, dass sie ihr eigenes Ego hinter die Mannschaft stellt.
Nimm uns mal mit in einen typischen Spieltag. Wie sieht der bei Lisa Alzner aus?
Ich muss sagen, ich habe einen kleinen Vogel am Matchday. Das war als Spielerin schon so und ist auch als Trainerin noch gleich. Ich werde munter und bin dann wie so ein vierjähriges Kind, das aus dem Bett rausspringt und sofort unter Spannung steht. Extrem positiv und mit extremer Vorfreude. Ich liebe den Spieltag! Das ist für mich der beste Tag der Woche, weil ich mich unglaublich freue auf das Spiel. Das ist der Moment, an dem du endlich das Ergebnis deiner Arbeit siehst und quasi Feedback dafür bekommst.
In den Stunden vor dem Spiel versuche ich, meinen Stresslevel so niedrig wie möglich zu halten – am Spieltag gibt es für mich keine anderen Termine, nur den Fokus aufs Match. Das habe ich schon als Spielerin so gemacht. Manchmal bereite ich noch einige Sachen – wie etwa die Standardvarianten – vor oder feile an meiner Ansprache. Aber normalerweise ist die schon einen oder mehrere Tage davor fertig.
Die 90 Minuten vor dem Spiel sind für mich ein absolut geschützter Raum. Es gibt einen klaren Ablauf, der mit allen Physios und Betreuern abgestimmt ist. Die Spielerinnen wissen auf die Minute genau, wann ich in die Kabine komme und wann wir raus gehen. Und dann schauen wir, dass wir das Spiel so gut wie möglich über die Bühne bringen.
Hattest du mit all den Aufgaben auch Zeit, dir Spiele unserer U16 anzusehen? Wie siehst du deren Entwicklung?
Mit zwei Ausnahmen habe ich jedes Spiel gesehen, weil ich es für wichtig halte, die Entwicklungen der Mannschaft und der einzelnen Spielerinnen im Auge zu behalten. Ich finde, dass die U16 eine unglaublich gute Saison gespielt hat und sehr erfolgreich war. Damit haben wir eigentlich nicht gerechnet. Ich muss betonen, dass der Fokus in der U16 nicht auf dem Meistertitel gelegen ist. Im Vordergrund steht die Entwicklung der Spielerinnen, die ist mir wichtiger als der Tabellenrang. Es freut uns aber trotzdem sehr. Dem Trainerteam mit Thomas Pankotai und Sabrina Aspelmayr muss ich ein großes Kompliment für die großartige Arbeit im Herbst aussprechen, die Mädels sind zu einem Team geworden und haben tolle Leistungen auf dem Platz gezeigt. Ein paar Spielerinnen sind auch schon in der ersten Mannschaft zum Einsatz gekommen und trainieren regelmäßig bei uns mit. Man sieht, dass einige Talente nachkommen und das spüren die Spielerinnen der Kampfmannschaft auch. Konkurrenz belebt das Geschäft – das ist gut so.
Ihr habt ihr in dieser Saison teilweise vor sehr großer Kulisse gespielt, einmal die Tausender-Marke geknackt. Wie empfindest du die Unterstützung der Fans, die ihr in diesen ersten Monaten erhalten habt?
Es ist eine unglaubliche Wertschätzung zu spüren. Es freut uns unglaublich, dass wir so von den Fans aufgenommen worden sind. Ich wage zu behaupten, dass das in Österreich einzigartig ist. Ich kenne keinen anderen Verein, bei der sich die aktive Fanszene derart hinter die Frauenmannschaft stellt. Was ich als Trainerin, was die Spielerinnen, was wir als Team da mitbekommen, ist unglaublich: Man spürt, dass der ganze Verein mit seinen Fans hinter diesem Projekt steht und die Fans darauf brennen.
Ein besonderes Highlight war das Spiel gegen Nebelberg. Keine unserer Spielerinnen hat bisher vor 1200 Zuschauern gespielt. In so einem Moment ist einfach alles möglich und du fühlst dich unsterblich. Ich freue mich sehr für meine Mädels, weil sie das auch einfach verdient haben und auch sehr viel dafür tun.
Oft hört man andernorts, dass es diese Wertschätzung dem Frauenfußball gegenüber flächendeckend selten gibt. Deswegen freut es mich umso mehr, dass das bei uns nicht so ist.
Du bist seit März 2021 als Trainerin beim LASK. Was macht der LASK deiner Meinung nach richtig in Bezug auf den Frauenfußball?
Der LASK macht sehr viel richtig. Man merkt, dass der Verein schon seit der ersten Minute voll hinter diesem Projekt gestanden ist. Ohne jemandem zu nahe zu treten wollen, aber oft beobachtet man, dass Vereine eine Frauenmannschaft gründen und dann nur so halb dahinterstehen. Beim LASK war von Beginn an spürbar, dass alles getan wurde, um uns bestmöglich zu unterstützen. Das beginnt bei einem professionellen Social-Media-Auftritt. Ich werde immer wieder von Leuten aus meinem Umfeld darauf angesprochen, wie professionell wir nach außen wirken.
Und dieses Bekenntnis zum Frauenfußball geht damit weiter, dass wir im Jahres-Kalender 2022 gleichberechtigt abgebildet sind und auch bei Sponsorenterminen oder beim Spatenstich mit an Bord waren. Man merkt einfach, dass alle, die beim LASK arbeiten, sich sehr für das interessieren, was bei uns passiert. Das ist eine Form der Wertschätzung, die uns als Team sehr unterstützt und beflügelt.