“Jede Torfrau ist verschieden!”


David Stemmer ist 23 Jahre alt und spielte als Torhüter unter anderem beim SCR Altach, FC Wacker Innsbruck und Anorthosis Famagusta. Jetzt ist er Torfrauentrainer beim LASK. Wir haben mit ihm über seine neuen Aufgaben gesprochen:

 

David, der Trainingsauftakt unserer Athletikerinnen ist mittlerweile drei Wochen her. Wie nimmst du bisher das Klima in der Mannschaft wahr?

Dadurch dass sich viele Spielerinnen untereinander zu Beginn noch nicht kannten, sind wir als Trainerteam mit der bisherigen Entwicklung sehr zufrieden. Manche Dinge funktionieren sogar so gut, dass wir anfänglich beinahe etwas überrascht waren. Und die Stimmung in der Mannschaft ist richtig gut.

 

Welche Ziele verfolgst du mit dem LASK?

Die Ziele, die wir uns als Trainerteam gesetzt haben, sind auf jeden Fall sehr ambitioniert: Dadurch, dass der Verein sehr professionell arbeitet und die Qualität im Kader sehr groß ist, wollen wir diese Professionalität auch mit ins Training bringen. Gerade im Torfrauentraining will ich mit allen Ressourcen arbeiten, die mir zur Verfügung stehen und meinen Spielerinnen helfen, ihre besten Leistungen abzurufen.

 

Wie kam dein Wechsel zum LASK zustande?

Ich bin bereits seit einem Jahr in Oberösterreich und daher im Frühjahr auch auf die Frauenfußball-Ambitionen des LASK aufmerksam geworden. Nach einem persönlichen Gespräch mit Lisa Alzner ging dann alles sehr schnell: Wir haben uns zusammengefunden, Ziele definiert, oft telefoniert und dann war ich schon Torfrauentrainer.

 

Der LASK ist bereits deine zweite Trainerstation, zuvor warst du bei Wacker Innsbruck. Welche Unterschiede hast du bisher festgestellt?

Zunächst muss ich sagen, dass ich bei Wacker die Trainertätigkeit neben meiner eigenen Profi-Karriere gestartet habe. Das heißt, dass ich selber zwei Mal am Tag trainiert habe und fünf Mal in der Woche abends mit den Wacker-Torfrauen am Platz gestanden bin. Vergleiche zwischen den Mannschaften finde ich aber schwierig, weil Wacker ja bereits in der Bundesliga spielt. Trotzdem sind die Möglichkeiten, die der LASK bietet, unglaublich professionell.

 

Unser Trainerteam besteht aktuell aus Dir und Cheftrainerin Lisa Alzner. Wie gestaltet sich eure Zusammenarbeit?

Sehr, sehr gut! Wir sind beide noch recht jung und pflegen wohl auch deshalb ein sehr gutes Miteinander. Das heißt nicht, dass wir nicht mit anderen genauso gut arbeiten können, aber wir verstehen uns einfach sowohl auf der fachlichen als auch der persönlichen Ebene wirklich gut.

 

Deine aktive Karriere hast Du mit nur 23 Jahren beendet. Wie bist du zu diesem Entschluss zu gekommen?

Das war eine familiäre Entscheidung, die im letzten Jahr gereift ist. Meine Freundin wohnt und arbeitet genau wie ich in Oberösterreich. Deswegen habe ich lange überlegt, ob es wirklich Sinn macht meine Karriere anderswo oder gar im Ausland weiterzuverfolgen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ich dort wieder nur komplett auf mich allein gestellt wäre.

 

 

Stichwort eigene Erfahrung: Du warst als Spieler auch in Zypern bei Anorthosis Famagusta unter Vertrag. Welche deiner Stationen war am spannendsten und warum?

Lehrreich waren alle Stationen, aber am meisten imponiert hat mir auf jeden Fall Anorthosis. Das ganze Leben drumherum ist ganz anders als bei jedem Verein in Österreich. Gerade die Fangemeinde ist unglaublich. Verliert man ein Spiel zerkratzen einem die Fans das Auto und bei einem Sieg bist du der Held der Insel. Dass die Fans alles für den Verein geben, merkte ich bei einem Europa-League-Spiel in Albanien. Weil die Anreise so lang war, rechnete keiner aus dem Team mit vielen Fans. Am Tag vor dem Spiel hörten wir aber im Teamhotel überall Fangesänge und wussten aber nicht, woher das kommt. Erst auf dem Weg zum Bus, der uns zum Stadion brachte, haben wir bemerkt, dass das gesamte Hotel voll mit unseren Fans ist. Sie haben uns dann mit Pyros bis zum Bus begleitet. Das war schon einmalig.

 

Welcher deiner Trainer hat dich am meisten geprägt und wieso?

Ganz klar mein Torwarttrainer, den ich in der Fußballakademie Vorarlberg kennengelernt habe: Thomas Schneider. Dank ihm bin ich auch zu Altach gekommen. Er ist ein etwas älterer Trainer mit eigener Philosophie, die mich phasenweise wirklich gebrochen hat. Ich glaube aber, dass ich genau das gebraucht habe. Dadurch habe ich gesehen, wie hart das Torwartspiel sein kann. Zu Beginn haben wir kaum ein Wort gewechselt, uns nicht wirklich verstanden und nach meiner Zeit in Altach einige Zeit keinen Kontakt gehabt. Mittlerweile ist er zum Glück derjenige, den ich um Rat frage und der mir als Torwarttrainer immer weiterhilft.

 

Was macht für dich eine komplette Torfrau bzw. einen kompletten Tormann aus?

Den kompletten Torwart oder die komplette Torfrau gibt es meiner Meinung nach nicht. Auch ein Manuel Neuer hat seine Defizite. Ich glaube, es geht darum, dass jeder Tormann oder jede Torfrau sich in seinen bzw. ihren Bewegungen festigt und diese dann perfektioniert. Es wird Bewegungen geben, die leicht von der Hand gehen. Dann gibt es aber auch Bewegungen, die viel Arbeit und Training verlangen. Daran muss jede und jeder für sich arbeiten, um auf dem Platz die bestmögliche Leistung abrufen zu können.

 

Das klingt nach individuellem Training. Worauf schaust du bei deinen Torfrauen?

Genau, ich trainiere sehr individuell und probiere jede Torfrau persönlich zu coachen, weil jede was anderes braucht. Egal ob auf dem Platz oder mental, jede Torfrau ist verschieden und braucht andere Dinge. Das zu erkennen und im Training darauf einzugehen, macht meiner Meinung nach auch einen guten Trainer aus.